Was gibt es Schöneres als die erste postoperative Nacht in einem Krankenhausbett? Das Beruhigungsmittel ordentlich hoch dosiert, die Nachwirkungen der Narkose, das verspricht viel „Freude“, doch überlebt hat man es alle Mal. Wenige Anekdoten machten den Aufenthalt dann sogar ganz amüsant.
Zu Beginn war es ganz lustig sich selbst in die engen OP-Stümpfe quälen zu müssen, darüber nur einen einfachen Krankenhaus-/OP-Kittel. Nur gut, dass ich meine eigene Unterwäsche anlassen durfte und nicht die sonst üblichen Netzunterwäsche. Doch dann ging es los, eine schnaufende Schwester schob mein Bett durch die Krankenhausflure und übergab mich an das Operationsteam. Meine „Wünsche“ nach einer großlumigen Flexüle (für die, die sich auskennen, es sollte „orange“ werden) wurde prompt bejaht, aus Nächstenliebe allerdings doch verwehrt. Auf einmal ging es ganz schnell, das Schmerzmittel wirkte sich fulminant aus und führte zu einem berauschenden Zustand der wiederum von kurzer Dauer war, denn das durch Michael Jackson bekannt gewordene Propofol wurde artgerecht eingesetzt und versetzte mich in einen Tiefschlaf.
Aufgewacht bin ich dann im Aufwachraum, betreut durch die Anästhesie-Assistentin “X”..Sie versorgte mich weiter mit den „guten Medikamenten“ um meine Schmerzen zu bekämpfen, verpasste es auf Grund diverser Privatgespräche jedoch regelmäßig die Infusion zu wechseln (auch hier für die, die sich auskennen, 40min eine leere Infusion anzuschauen ist echt langweilig). Zudem versagte das physikalische Verständnis der mir angebotenen Wärmepumpe, dessen Schlauch dummerweise direkt unter die Bettdecke gesteckt wurde, wo er seine Wirkung nicht entfalten konnte. Um das eigene Frieren zu beenden habe ich wie James Bond den Schlauch ohne Sicht so positioniert, dass sich die wohlige Wärme ausbreiten konnte.
Vom restlichen Tag habe ich dann nicht mehr viel mitbekommen. Die Nachwirkungen der Medikamente forderten ihren Tribut und machten den Tag zur Nacht. Das bemerkten auch meine Besucher, welche ich gern besser unterhalten hätte, auf Grund der Müdigkeit jedoch nur durch blinzelnde Augen erblickt hatte.
Die Müdigkeit des Tages wich und die Nacht wurde durch ständiges Erwachen unterbrochen. Kurz vor 00:00Uhr lief ich dann im OP-Hemd, welches mit einer Hand am Rücken verschlossen gehalten wurde, und in OP-Strümpfen über den Flur um meinen Verband untersuchen zu lassen. Die Nachtschwerster schmunzelte nur und empfing mich mit „Oha, das Nachtgespenst“. Kurze Zeit später schlief ich dann mit frischem Verband endlich ein und wurde halb sieben von der Tagesdienst-Schwester geweckt.
Nun war es so weit, meine erste Visite als Patient. Aus mystischen Erzählungen meiner ehemaligen Patienten wusste man den groben Ablauf, doch was dann kam, übertraf alle Erwartungen. Nach gefühlten 55 Sekunden war das ganze Spektakel vorbei und die Ärzte wieder verschwunden. Man muss gerechterweise dazu sagen, dass ich und mein Zimmernachbar echt unkompliziert sind und ein „Danke, mir geht’s gut“ alle Fragen mit einem Mal beantworteten. Kurz darauf traf uns die „weiße Welle“ aber noch einmal, nun mit dem Chefarzt an der Spitze. Diese „Gruppe“ brauchte vermutlich der Größe bedingt knapp 60 Sekunden um die Visite in unserem Zimmer durchzuführen.
Der Höhepunkt des Tages ergab sich im Laufe des Vormittages, als mein Bett durch das Hinzusetzen meines Arztes kurzerhand tiefer gelegt wurde. Eine Schrecksekunde später überkam alle ein kleiner aber feiner Lachanfall, der uns Patienten kurz und schmerzhaft daran erinnerte, dass wir hier im Krankenhaus liegen. Auf kurzem Wege wurde dann das Bett ausgetauscht und ich musste nicht länger stehen.
Über den Tag hinweg machte ich noch den Park hinter dem Krankenhaus unsicher dokumentierte meinen Aufenthalt.
Nach dem Abendessen und einem weiteren Besuch meiner kleinen Familie ging es dann vor den Fernseher, die neuen Folgen „Grey’s Anatomy“ standen auf den Plan, passend zu meinem Aufenthaltsort. Unsere Freude war zeitgleich der Ärger der Spätdienstschwester, welche uns beneidend das Zimmer verließ, in echter Sehnsucht nach den ersten Folgen der neuen Staffel.
In „Vorfreude“ auf den noch ausstehenden Aufenthalt endet der erste Tag nach der OP mit einem guten Gefühl und echt wenig Schmerzen. Vielleicht feiert das „Nachtgespenst“ eine zweite Auflage auf den weiten Fluren des Krankenhauses.
Kommentare
2 Antworten zu „Nachtgespenst – im OP-Hemd über den Flur“
Der Krankenhauswahnsinn lässt grüßen 😀
Ihr könnt euch ja glücklich schätzen, dass euch die Ärzte der Visite 55-60 sec. ihrer kostbaren Zeit geschenkt haben und euch nicht einfach vor der Tür abgehandelt haben. Die berühmt berüchtigte “Kurvenvisite”….hehe….
Dennoch weiß ich nach solchen Texten wieder, warum ich diesen Wahnsinn im Krankenhaus so sehr liebe und nach längerer “Abstinenz” Sehnsucht bekomme 😀 Um danach doch wieder über alles zu schimpfen 😉
[…] uns zu schicken. Doch ein Weg durfte auch heute nicht fehlen, der obligatorische Gang zum Arzt zur Wundversorgung. Nachdem die Pflicht beendet war, folgte die Kür und wir nutzten die Straßenbahn um den […]